Reinhard Knoppka - kurz gesagt: Aphorismen 5
kurz gesagt: Aphorismen 5
Aphorismen
Reinhard Knoppka
Beschreibung
Leseprobe: Schreiben verdichtet die Materie zu Geist. Wer seine Bildung heraushängt, wird nicht den Eindruck von Intelligenz erwecken, da die bei ihm von anderen geliehen wirkt. Reiche, die nur nach noch mehr Reichtum gieren, sind so arm wie Junkies. Sozialisten verachten die Reichen, schmarotzen aber gern von ihnen. Wie bei der Börse die meisten in eine Anlage investieren, die sich in einer Blase befindet, so ahmen die Schreiberlinge eine literarische Masche nach, die längst obsolet ist. Vertrautheit ist das Gegenteil von Langeweile, auch und gerade wenn es sich um das immer gleiche handelt. Hochhäuser: erleuchtete gläserne Sargtürme, vollgestopft mit lebenden Toten. Zensurbehörde: eine von Flöhen betriebene Entlausungsanstalt, wobei jeglicher Geist für Ungeziefer gehalten wird. Sein Ziel ist der Horizont: er hält ihn ständig in Spannung – und jung. Von dem meisten Unwichtigen wird wichtig gesprochen, und das wirklich Wichtige ereignet sich oft schweigend nebenher. Er glaubt nicht, daß die Psychologie ein wirklich authentisches Gefühl erfaßt: da ginge ihr doch die Deutungshoheit flöten! Die Anonymität führt auch dazu, daß die meisten sich für das Maß aller Dinge halten: ihnen fehlen die Reaktionen, die ihnen klarmachen, nicht der Mittelpunkt der Welt zu sein. Meditieren und den Urquell in sich beben fühlen: köstlichster Lebensaugenblick. Wahrhaft ehrbar handelt, wer es nicht aus Ehrbarkeit tut. Früher hielt er die Religionen für die Feinde der Menschen – heute glaubt er, daß es die Fanatiker sind, die sie für sich einspannen. Wenn der Tod eine ganz natürliche Sache ist – ist das Leben dann eine ganz unnatürliche? Der Elitäre kommt ihm ganz im Gegenteil wie unterste Schublade vor. Wer sich im Leben viel herumtreibt, ist rührig – wer das viel in seinen Wunschträumen tut: rührselig. Etwas kommt nie aus der Mode: die Mode. Literatur, die nie im Untergrund gekämpft hat, kommt ihm wie ein Salonlöwe vor. Den Nächsten zu lieben und ihm gleichzeitig die andere Wange hinzuhalten, verlangt mehr Selbstverleugnung, als selbst Jesus sie fordern konnte. Vielen, die die Freiheit fordern, geht es nicht um diese, sondern um Freiheiten. Der Heranwachsende ist nicht dümmer als das Kind, sondern nur von Hormonen überschwemmt, die ihn vorher noch nicht getrübt haben. Der Reiche zahlt u.a. so viel für die Kunst, nicht weil er in ihr einen Reichtum ganz anderer Art wittert, sondern weil er auf ihren noch verrückter steigenden Geldwert spekuliert.